Dr. Jens Ullrich
Praxis für Psychotherapie, Coaching & Supervision
Neustadt an der Weinstrasse
Warum werden manche Menschen depressiv und andere nicht?
Auch hier greifen wieder viele Bedingungen ineinander, eine einfache Antwort gibt es nicht. Letztlich kommt jeder Mensch mit einer einmaligen Konstellation von Genen, körperlicher Konstitution, Umwelt und sozialen Einflüssen (Familie, Erziehung, Freunde, Schule etc.) zur Welt. Und um es noch komplizierter zu machen beeinflussen diese Faktoren auch noch wechselseitig! So kann ein schwieriges Temperament eines Kindes auch genetische oder körperliche Ursachen (Frühgeborene, Risikoschwangerschaft etc.) haben. Sicher werden Eltern mit einem „schwierigen Kind“ anders umgehen und mehr Herausforderungen in der Erziehung erleben. Je nachdem wie mit dem Kind und seinen Bedürfnissen umgegangen wird, lernt der kleine Mensch auch mit sich selbst und seinen Bedürfnissen umzugehen. Es macht einen großen Unterschied, ob man nach dem Motto „Was mich nicht umbringt, macht mir nur stärker“ oder aber „Die Welt soll gerecht sein und alle Menschen sollen mich anständig behandeln“ erzogen wurde. Letztlich gibt es unzählige Leitsätze, Erziehungspraktiken, gesellschaftliche Normen und Zwänge. Sie alle prägen unser Bild von der Welt, den anderen Menschen und von uns selbst.
Wie mit uns als Kind umgegangen wurde, bestimmt wie wir in underem späteren Leben mit uns selbst und anderen Menschen umgehen. Dabei lassen sich bei psychischen Störungen typische Muster und biographische Konstellationen immer wieder beobachten:
Natürlich sind die genannten Muster keineswegs „immer“ so wie hier beschrieben, zudem gibt es wohl unzählige weitere solche Zusammenhänge. Es fällt allerdings auf, dass bestimmte Konstellationen von Ursachen immer wieder mit typischen Störungen zusammenfallen. Heute wird ohnehin angenommen, dass es viele gemeinsame Ursachen bei ganz unterschiedlichen psychischen Störungen gibt z.B. kommen Probleme im Umgang mit eigenen Emotionen (die sog. Emotionsregulation) bei Borderline, Bulimie, ADHS, Depression, Angststörungen, chronische Schmerzsyndrome vor.
Je nach Therapierichtung werden nun ganz unterschiedliche Begriffe für solche Muster verwendet. So spricht die Verhaltenstherapie von kognitiv-emotionalen Schemata und „Lebensfallen“, die Tiefenpsychologie von Grundkonflikten, die Psychoanalyse von Übertragungsphänomenen. Gemeint ist letztlich immer, dass Einflüsse der Lebensgeschichte von der Kindheit bis zum frühen Erwachsenenalter die Persönlichkeit und das Verhalten prägen.
Entscheidend für den Erhalt der seelischen Gesundheit ist die Art und Weise wie wir mit uns selbst, anderen Menschen und dem Leben generell umgehen. Gelingt es hierbei einen angemessenen Umgang mit seelischen Bedürfnissen zu finden, treten Leidenszustände wohl nur vorübergehend auf bzw. können angemessen bewältigt werden. Letztlich ist es also Ziel jeder Psychotherapie die aktuellen Probleme im Kontext der eigenen Geschichte verstehen zu können und langfristig ändern zu können.
Weiterlesen in Teil 4: Und welche Rolle spielt das Unbewusste?