Dr. Jens Ullrich
Praxis für Psychotherapie, Coaching & Supervision
Neustadt an der Weinstrasse
Die Heil- und Behandlungsmethoden psychischer Leidenszustände gingen in der Geschichte der Menschheit schon immer einher mit den dahinter stehenden Theorien über die angenommen Ursachen z.B. Geister und Dämonen austreiben (Exorzismus, Schamanismus), Körpersäfte ins Gleichgewicht bringen (Vier Säftelehre der Antike), unbewusste Konflikte aufdecken und lösen (Psychoanalyse), Verhalten und Denkmuster ändern (Verhaltenstherapie).
Medizinische Behandlung psychischer Störungen umfasste über viele Jahrtausende sowohl die Ausführung bestimmter Rituale oder Verhaltensweisen, als auch die Verabreichung von Wirkstoffen („Drogen“) aus Pflanzen (Phytopharmaka), Tieren oder Mineralien. Oftmals vermischten sich Magie, Mystizismus und Religion innerhalb einer solchen „schamanischen Medizin“. Die heutige, oft auch als Schulmedizin oder „organische Medizin“ bezeichnete Ausrichtung von Behandlungsansätzen begann etwa 400 Jahre vor unserer Zeitrechnung: Mit Hippokrates von Kos und weiteren Naturphilosophen beginnt die Lehre der vier „Körpersäfte“, welche sich sehr lange in der Medizingeschichte hielt und auch heute noch im Kontext alternativer Medizin z.B. von Heilpraktikern noch angewandt wird.
Erst im 19. Jahrhundert mit dem Beginn der sogenannten Zellularpathologie (Krankheiten entstehen durch Störungen der Körperzellen), beschrieben durch den deutschen Wissenschaftler Rudolf Virchow und der Entdeckung der Bakterien (Luis Pasteur und Robert Koch) wurden die antiken Vorstellungen der Säftelehre endgültig als dominierendes Modell der Medizin abgelöst. Mit diesen Entdeckungen beginnt die naturwissenschaftlich dominierte Medizin sich enorm weiterzuentwickeln. Im Bereich der Psychologie sind es hingegen Wissenschaftler wie z.B. William James (1842 bis 1910), vor allem aber Sigmund Freud (1856 bis 1939) gewesen, die Grundsteine für das heutige Verständnis der Psyche und der Entstehung psychischen Leidens gelegt haben. Natürlich hat sich seit Sigmund Freud vieles in der Psychologie verändert. Die Psychoanalyse, jene von Freud entwickelte Behandlungsmethode ist heutzutage nur noch eine unter sehr vielen Behandlungsansätzen.
Unser Leitbild bzw. Verständnis psychischen Leidens
Psychische Störungen sind Leidenszustände mit Krankheitswert. Die Verwendung des Begriffs „Krankheit“ macht im Kontext psychischer Leidenszustände oftmals
Schwierigkeiten, wenn der Krankheitsbegriff an weitere Annahmen wie „körperliche/organische“ Ursachen, fehlender eigener Beeinflussbarkeit oder fehlender eigener Verantwortung für die Krankheit
geknüpft ist. So ist eine Alkoholabhängigkeit eine durchaus schwere, psychische Störung mit Krankheitswert. Der Süchtige ist dennoch weder „selbst schuld an der Sucht“ noch „krank und deshalb nicht
verantwortlich für seine Probleme“. Die Situation ist leider komplizierter.
Hinzukommt, dass nicht jedes psychische Leiden einer Behandlung bzw. Therapie bedarf. So sind z.B. Trauer nach Verlusterfahrungen, „Liebeskummer“, Schüchternheit, Selbstzweifel, Ängste und Stress
durchaus „normaler Teil des Lebens“ auch wenn sie bisweilen mit hohem Leidensdruck verbunden sind. Ob wirklich eine Therapie notwendig ist z.B. wenn die Alltagsbewältigung aufgrund solcher Probleme
erheblich beeinträchtigt ist, sollte der/die Betroffene dann gemeinsam mit dem Hausarzt, Psychotherapeut oder Psychiater abklären.
An der Entstehung psychischer Störungen wie Sucht, Depression, Angststörungen, Essstörungen, psychosomatischen Leiden sind stets biologische (organische, genetische), psychologische und soziale
Ursachen beteiligt. Bewährt hat sich in der modernen Psychotherapie ein möglichst ganzheitlicher Ansatz, welcher keinen der angesprochenen Bereich ausschließt.